Toni’s Kolumne Nr. 15 – Frustdarts & Kampfgeist
Als sich im
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| Anton Pein macht sich Gedanken |
Finale
beim letzten großen Major-Turnier in Las Vegas die beiden
Dartkönige
Taylor & Barneveld gegenüberstanden bekamen wir zeitweise Darts
vom Feinsten
zu sehen. Barney war gegen Phil toll drauf wie schon lange nicht
mehr und
wäre
an diesem Tag durchaus in der Lage gewesen, den Kaiser der
Dartkönige
wieder
einmal zu bezwingen. Dass er es nicht schaffte- oder besser- so
nicht schaffen
konnte,
hat er sich selbst zuzuschreiben. Was ist passiert? Für alle die
es
nicht gesehen
haben (auf Youtube existiert leider auch kein Video von diesen
Legs), sei
es kurz
beschrieben: Barney spielt bärenstark gegen Phil, schafft es
zwischendurch
sogar ein Break vorne zu sein. Phil, konzentriert wie eh und je,
ist aber
nicht
aus der Ruhe zu bringen, nützt seine Chancen und geht wieder in
Führung.
Dann geschieht es: Drei lange Legs lang stellt Barneveld das
Kämpfen
ein, wirft
nur den ersten Dart mit halbstarker Konzentration, die nächsten
beiden
als
ob er sich gerade einwerfen würde. Die Folge: Phil zieht davon
und
hat am Ende
knapp aber doch mit 13:11 die Nase vorne. Barney hat dieses Spiel
in jenen
drei
Legs verloren.
Diese drei Legs haben mich zu dieser Kolumne inspiriert, denn
dieses Verhalten
können
wir auf allen Boards dieser Welt beobachten von der Weltspitze hin
bis
zum Gasthausturnier.
Im letzteren sicher öfters als ganz oben, aber es sind halt auch
einige
Spieler
der Elite nicht davor gefeit, freiwillig auf die im Moment
mögliche
maximale
Punktezahl zu verzichten. Es spielt auch keine Rolle, ob E- oder
Steeldart,
überall
dasselbe: Jeder mit sportlichem Ehrgeiz fährt zum Turnier um zu
gewinnen
und
einige vergessen die elementarste Frage: Wie kann ich gewinnen? Die
lapidare
Antwort
lautet: Indem ich um jeden Punkt kämpfe. Jeder Punkt, den ich
mehr
treffe bringt
mich näher zum Ziel und wenn es sich im extremen Fall um eine
Triple
1 statt
um eine 1 handelt. Spieler die Darts abschenken, entwickeln eine
negative
Energie,
mit dem Ergebnis, dass sich dann zumindest zeitweise ein gewisses
„Wurschtigkeitsgefühl“
einschleicht. Das führt zwangsweise zu Niederlagen, sie haben
sich
selbst zum
Verlieren verurteilt. Barney in großartiger Form war geradezu
ein
Lehrbeispiel
dafür und er erntete nicht zu Unrecht vereinzelte Pfiffe aus dem
Publikum.
Das kann nämlich verlangen, dass der Athlet versucht, alles zu
geben.
Sicher – jeder Spieler kennt die Situation, gleichgültig auf
welchem
Level
er sich befindet: Es will einfach nix mehr klappen, die 60 ist wie
vernagelt,
die
57 landet in der 21, die 18 und das Bull geht schon gar nicht. Es
ist ja
meistens
das Scoren, das derartige Darts heraufbeschwört, weniger das
Finishen.
Ja,
Darts macht viel Freude, aber es gibt Momente des Haareraufens, wo
man
am liebsten
die Garnitur beim Fenster rauswerfen möchte, es aber aus purer
Angst
dasselbe
womöglich zu verfehlen unterlässt. John Part hat solche Momente
süffisant-ironisch
so beschrieben, wonach „ein so frustrierendes Spiel wie Darts
nur
dort erfunden
werden konnte, wo es die ganze Zeit regnet“. Ich verstehe
Barney´s
Frust
und verstehe all diese Spieler die ihrer Verzweiflung auf diese
Weise Luft
verschaffen.
Ich war selbst zigmal in ähnlicher Lage. Aber bei allem
Verständnis
sind
auf das Board gepfefferte Frustdarts ein schlechter Ratgeber für
ehrgeizige
Spieler- diese Punkte werden ihm oder ihr (auch bei den Damen kann
man
das beobachten)
am Ende fehlen. Dass da manche behaupten, gerade solche Darts
landen in
einem Treble-Segment,
lasse ich nicht gelten – da kann man gleich die Darts auf das
Glücksrad
werfen
beginnen.
Was aber dagegen tun? Da gibt es sicher kein Patentrezept, jeder
ist anders,
unterscheidet
sich in Temperament und mentaler Ausgeglichenheit. Was aber für
jeden
gelten
soll ist die Ruhe zu bewahren bzw. die Ruhe wiederzufinden. Dazu
hat jeder
Spieler
die Zeitspanne zur Verfügung, in welcher der Gegner wirft. Diese
Zeit
sollte
man nützen und ich kann jedem der Darts als Sport ernst nimmt,
nur
empfehlen,
diese „Leerzeit“ als wichtigen Bestandteil des gesamten Sport
zu betrachten,
in dem man entweder seine Batterien neu aufladen- oder eine gute
Leistung
konservieren
kann. Die Zeit in der unser Gegner am Board steht ist die
Konzentrationstankstelle
für jeden Spieler. Ich persönlich gehe in einer schlechten
Phase
so vor,
dass ich die bewusst ein- und ausatme und so einmal versuche den
Puls zu
senken.
Ich visualisiere Gedankenbilder, wie die nächsten drei Darts
aussehen
sollten.
Das funktioniert nicht immer- keine Frage. Aber eine Alternative
zum Frustdart
ist
es allemal und je öfter ich das in einem festgelegten Ritual
mache,
desto größer
wird meine Erfolgsquote sein, wieder die 60 57 usw. zu finden. Denn
für
Frustdarts
werde ich garantiert auf Dauer bestraft werden. Wie Barney von Phil
Taylor.
Das waren meine Gedanken zum Thema Konzentration, Frust und deren Bewältigung
Bis zum nächsten mal- Euer Toni!
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Info: Mehr über Anton Pein gibt
es
auf seiner
Webseite: www.peinanton.com

