Game On… Nr. 2 – Die PDC WM 2007- Heros, Stoffhosen und Sushi
Es ist kurz vor Zwölf, als wir uns in der Hotelbar in Geiselwind
einfinden
um Anton Pein´s
Sieg beim „Meet the Power“-Event zu feiern. Grandios gespielt hat
er an diesem Tag,
der Ösi. In dieser Nacht sieht er irgendwie aus, als wüsste er
nicht,
was mit ihm gerade passiert ist. „Schöner Zahltag!“ rufe ich ihm
zu, merke
aber, dass er nicht so recht weiß, wie er meine Aussage deuten
soll. „Ja,
das Preisgeld ist klasse!“, ruft er mir zu. „Ja, da kommt aber noch
die Antrittsprämie
in England dazu!“, antworte ich ihm. Ich wusste es, er hatte keine
Ahnung, dass
er noch mal Geld für seine Weltmeisterschaftsteilnahme erhält. Sein
Gesicht
wechselt schlagartig die Farbe, er steuert auf den Tresen zu und
bestellt eine Runde.
Wie wörtlich er das „Meet the Power“ nehmen würde, konnte zu diesem
Zeitpunkt
keiner ahnen.
Steve Mottershead – Manager, Freund und linke Hand des besten
Dartspielers aller
Zeiten – kommt in die Bar und fragt: „Gordon, Phil würde sich gerne
noch ein
wenig zu Euch setzen. Er will aber nur Spaß haben und keine
Autogramme mehr
schreiben müssen. Ist das möglich?“ Mittlerweile sind an die
vierzig bis
fünfzig Personen in der Bar. Die Stimmung ist ausgelassen und ich
versuche
mir Gehör zu verschaffen. Nach dem alle einstimmig der Meinung
sind, dass jeder
bereits ein Taylor-Autogramm hat signalisiere ich Steve, dass es
okay ist.
Keine Minute später ist er da. Da steht er, sagt freundlich
„Hallo“ und grinst.
Glücklich und zufrieden sieht er aus in seinem extra angefertigten
„The Power“-Trainingsanzug.
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| The Power am Abend |
Für mich ist es nach all den Jahren immer wieder faszinierend
zu
sehen, welche Ausstrahlung er besitzt und auf Menschen, speziell
Dartspieler wirkt.
Der Geräuschpegel senkt sich auf Null, fast ehrfürchtig beäugen
ihn
die Anwesenden. Erwachsene Männer werden zu Kindern, bekommen
Herzklopfen,
wenn sie neben ihm stehen. Er klopft mir auf die Schulter, als er
sich neben mich
setzt. Zwölf Jahre sind vergangen, als ich ihn das erste Mal traf.
1994 bei
der WDF Berlin Open. Viel passiert ist in dieser Zeit, speziell in
seinem Leben…
Jetzt sitzt er neben mir, nippt an seinem Weizenbier, und man
merkt, dass er mit
sich und seinem Dasein rundum zufrieden ist. „Kommst Du dieses Jahr
wieder nach
Purfleet?“ flüstert er mir zu. „Ja“, antworte ich ihm und er fragt
mich, welches
Hotel ich gebucht habe. Nachdem ich ihm den Namen des Hotels nenne,
schaut er mich
verwundert an. „Warum schläfst Du nicht bei uns im Hilton?“ Ohne
meine Antwort
abzuwarten erklärt er Steve er möge bitte für mich und meine
Frau
ein Zimmer im Hilton buchen. „Das andere Zimmer musst Du jetzt
stornieren!“ lacht
er. Wir verabreden uns zum Frühstück, dann verschwindet er.
Als ich montags meine eMails checke finde ich eine
Buchungsbestätigung des
Hilton-Hotel in Dartford vor. Anscheinend habe ich einen
Power-Rabatt erhalten,
da der Preis günstiger ist, als der meines ursprünglich gebuchten
Hotels.
Vom Bahnhof in Dartford bis zum Hilton-Hotel sind es 10 Minuten
mit dem Taxi. Auf
dem Parkplatz des Hotels steht das neue Spielzeug des amtierenden
Weltmeisters.
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| Phil Taylors neuer Bentley |
„D4RT
P“, so das Kennzeichen des silbergrauen Bentley… Der Ferrari war
schon bezahlt,
ein Bentley ist es geworden. Koffer auspacken, duschen gehen,
umziehen und ein Taxi
bestellen. Ab zur Circus Tavern, ins nahe gelegene Purfleet. Die
Taxi-Preise sind
astronomisch, keine Ahnung wie ein Engländer sich dies alles ein
Leben lang
leisten kann. Die Dart-Weltmeisterschaften sind für die Taxi-Fahrer
das jährliche
Highlight. Wen wundert´s…
Als Silvia (meine Frau) und ich in der Hotel-Lobby noch einen
Kaffee trinken fällt
uns die Stimme des Dartsports über die Füße. Sid Waddell.
Kurzer
Smalltalk, das Taxi ist da. Immer wieder freue ich mich aufs Neue
in die Circus
Tavern zu kommen. Diese uralten roten, abgewetzten Teppiche, die
stickige Luft,
die Türsteher, es ändert sich einfach nichts. Okay, dieses Jahr hat
man
im Foyer die Möglichkeit auf der Playstation Weltmeister zu werden.
Ich hole
unsere Tickets ab, bevor wir uns jedoch ins Mekka des Dartsport
begeben treffen
wir uns mit Steve, der uns unsere Armbändchen für die VIP-Lounge im
ersten
Stock überreicht. Mein Gott, wie oft stand ich schon vor dieser
dämlichen
Tür… Immer der gleiche Spruch „Kein Einlass ohne Bändchen!“
Bevor Phil spielen muss, will ich in der Lounge noch etwas
trinken. „Ohne Stoffhose
kein Eintritt!“ so der nette Türsteher. Ja wie blöd bin ich denn
eigentlich?
Hätte ich mir das nicht denken können? Da stehe ich, einer der
größten
Befürworter der schwarzen Stoffhosen im Dartsport mit meiner frisch
gewaschenen
Jeans. Taylor kommt aus der VIP-Lounge, er muss nun spielen. „Warum
kommt ihr nicht
rein?“ fragt er mich als sein Blick auf meine Hose fällt. „Och
Gordon, dass
musst Du doch wissen!“ Ja ja, recht hat er, der Gute! Ich hätte es
wissen müssen.
Morgen komme ich, mit der Stoffhose des Jahres, versprochen. Jetzt
noch mal ins
Hotel? Nein. Phil ist auf dem Weg nach unten, ich trinke mein Bier
eben vor der
VIP-Lounge. „Gut gespielt!“, rufe ich Raymond van Barneveld zu, als
er an mir vorbei
auf die Tür des VIP-Bereichs zusteuert. Tolle Stoffhose, Barney.
Ich Depp,
ich riesengroßer Depp! „Danke“, erwidert Raymond und läuft weiter.
Eine
tausendstel Sekunde später dreht er sich fragend um und sagt „Du
bist doch
Gordon, der Caller vom „Meet the Power“-Event in München!“ „Ja“,
antworte ich,
„der Caller ohne Stoffhose.“ Er lacht. Er stellt uns seine Frau
Silvia vor, ich
stelle meine Silvia vor. „Schlaft ihr auch im Hilton?“ „Ja, da wo
meine Stoffhose
hängt!“ „Wir sehen uns im Hotel!“, sagt es und verschwindet samt
Gattin im
Bereich der besser Gekleideten. Ich muss mich beeilen, Taylor
spielt. Auf dem Weg
nach unten treffen wir Steve, der uns Plätze an Taylors Tisch
zuweist. Die
Sitzplätze sind natürlich besser, als jene, welche ich sechs Monate
vorher
über Telefon bestellt habe. Phil kommt auf die Bühne und hält
über
die gesamte Länge seines Matchs Blickkontakt zu den Personen an
seinem Tisch.
Ich schreie mich heiser, während er absolut cool seinen Gegner nach
allen Regeln
der darterischen Kunst an die Wand spielt. Nur einmal muss er sein
Spiel unterbrechen.
Er steht auf der Bühne und lacht. „Mason´s got an Astra,
Taylor´s
got an Bentley!“ singen knapp tausend Menschen in der Circus
Tavern. Nach dem Spiel
geht es ins Hotel. Wir treffen Phil und Barney samt Gattin in der
Hotelbar und schauen
uns die Spiele des Tages auf einem riesigen LCD-Fernseher an. Ich
frage Taylor warum
er die Haare so kurz trägt. Er sagt „Ich bin zum Frisör und habe
gesagt,
dass ich die original Gordon Shumway-Frisur möchte!“ Witzbold. Er
sitzt da
und lacht sich schlapp. „Vor dem Finale lass ich mir einen
Irokesen-Schnitt verpassen!
Du musste Deine Gegner immer verwirren!“ „Gordon, was würdest Du
sagen, wenn
Du im Endspiel auf die Bühne kommst und ich stehe da und habe einen
Irokesen-Schnitt?“
Ich sage ihm, dass ich denken würde „Ach wie geil, ich bin im
Finale der Weltmeisterschaft
und spiele gegen Taylor! Mir wäre es egal, was für eine Frisur Du
hättest!“
„Okay“ erwidert er, „Du bist ein schlechtes Beispiel!“ und
lacht.
Halbfinale: Nach dem Frühstück treffen wir Silvia van
Barneveld
in der Hotel-Lobby. Wir sitzen da und trinken eine Tasse Kaffee
nach der anderen.
Barney lässt sich hin und wieder blicken, wenn er sein Practise für
einige
Minuten unterbricht. Für den Nachmittag bestellen wir unser Taxi.
Selbstverständlich
trage ich eine Stoffhose, ich Depp. Sowohl Barney, als auch Phil
gewinnen ihre Halbfinale
mit jeweils 6-0. Wieder haben wir Plätze an Taylor´s Tisch. Zum
zweiten
Mal schmeiße ich meine Eintrittskarten unbenutzt weg. Ich hätte
viel
Geld sparen können…
Am 31. Dezember ist generell spielfrei. Wir sitzen den gesamten Vormittag mit Silvia
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| Doch, ich kann! |
in der Lobby und quatschen. Das Fernsehteam von SBS 6 bereitet
sich auf
ein Interview mit Phil und Barney vor. Am Nachbartisch steht
unbeobachtet die Begierde
eines jeden Dartspielers. Der WM-Pokal, diese hässliche Weltkugel
aus Glas.
„Hast Du die Kamera dabei?“ frage ich meine Frau. „Ja, aber das
kannst Du jetzt
nicht bringen!“ „Doch, ich kann!“ Ich frage den Reporter von SBS 6,
ob es möglich
ist, dass ich mich kurz mit dem Pokal fotografieren lasse. „Beeil
Dich aber, die
Spieler kommen gleich!“ antwortet er mir. Als die beiden Finalisten
die Hotel-Lobby
betreten, steht der Pokal wieder ordentlich an seinem Platz. Die
Bilder sind im
Kasten und ich glücklich. Nachdem Interview kommt Barney an unseren
Tisch und
fragt, ob wir gemeinsam shoppen und etwas essen gehen wollen. Ja,
wir wollen. „Bis
gleich, ich möchte nur schnell das Shirt mit den Aufnähern der
Sponsoren
loswerden!“ Barney verschwindet auf sein Zimmer.
In der Zwischenzeit gesellt sich Phil zu uns an den Tisch und
bestellt einen Tee.
Wir plaudern ein wenig über das morgige Endspiel. Phil fragt, ob
wir gemeinsam
Sylvester feiern möchten. Gerne, sehr gerne. Die Fahrstuhltür geht
auf
und Barney erscheint. „Gordon, wollen wir los etwas essen? Ich habe
Hunger!“ „Ihr
geht mit Barney etwas essen?“ fragt der gute Phil etwas ungläubig.
Er deutet
auf das „The Power“-Tattoo seiner linken Hand und sagt „Don´t
forget this,
Gordon!“ Ich lache und sage „Nein, ganz sicher nicht!“… Seit 1994
bin ich mit Leib
und Seele Taylor-Fan! Es geht nicht, dass ich Barney-Fan werde.
Einfach unmöglich!
Wir erreichen das „Blue Water Shopping Center“ innerhalb weniger
Minuten mit dem
Taxi. Das „Blue Water“ ist mit tausenden von Menschen bis zum
Platzen gefüllt
und langsam ahne ich böses… Mit Raymond van Barneveld einen Tag vor
dem größten
Finale aller Zeiten shoppen gehen, ist vielleicht nicht unbedingt
die beste Idee
gewesen! Egal, ab ins Getümmel. Jeder erkennt ihn, einfach jeder.
„Hi Barney!“,
„Good darts for tomorrow!“, „Well done, Barney!“, tausend Mal höre
ich an diesem
Tag diese Sätze. Menschen drücken ihm die Hand, umarmen ihn,
küssen
ihn. Er steht da, immer freundlich, immer ein Lachen auf dem
Gesicht, immer einen
netten Spruch parat. Er ist ein absoluter Vollprofi. Ich bewundere
ihn in diesem
Moment. Es gibt sogar einen, der ihn küsst und sagt „Ich liebe
Dich, Barney!“
Ich schaue ihn ungläubig an, er lächelt tapfer und sagt ganz leise
„Diese
Idioten…“
Wir entscheiden uns für ein Sushi-Restaurant, wohlgemerkt in der
Mitte des
Einkauf-Zentrum. Ein von jeder Seite einzusehendes Lokal. Offen,
nach jeder Seite
offen. „Kein Problem, ich bringe Dir bei, wie man mit Stäbchen
ißt!“
antwortet er mir auf mein „Ich kann aber nicht mit diesen Dingern
umgehen!“ Da sitzen
wir nun, die zwei Silvia´s, Ray und ich. Ich habe mittlerweile
gemerkt, dass
er den Namen
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| RvB und Gordon beim Sushi |
„Barney“ nicht wirklich mag. Hunderte Menschen machen Bilder
von uns während wir essen. Es ist grausam und ich versuche die
Gaffer zu übersehen.
Keine Chance! Es fehlt eigentlich nur noch, dass sich irgendjemand
auf den Sushi-Circle
schmeißt und mit der Kamera an uns vorbei fährt! Ich bin froh als
wir
zahlen…
Das anschließende Shopping wird zum Spießroutenlauf. Unsere zwei
Ladies
verabschieden sich zum Schuhkauf, Ray und ich bevorzugen den Apple-
und Playstation-Shop.
Ray ist Megafan aller Apple-Produkte. Er besitzt den größten iPod,
den
größten Rechner, einfach alles. Leider folgen uns mittlerweile ca.
20-30
Personen von Geschäft zu Geschäft. Es macht keinen Spaß.
Trotzdem
finden wir die Zeit uns wirklich gut zu unterhalten. Ich frage ihn,
ob er vor dem
morgigen Finale Angst habe. „Ja!“, antwortet er, „ich habe Angst
7:0 zu verlieren!
Wenn Phil einen Lauf hat, kann Dir das ganz schnell passieren!“ Ich
frage ihn, wie
er überhaupt auf einen solchen Gedanken kommen kann. Er lacht und
sagt „Gordon,
wenn ich verliere, dann will ich nicht zu Null verlieren, mehr
nicht!“ Seine Bedenken
machen ihn sympathisch. Verflogen sind meine seit Jahren gehegten
Vorurteile, er
sei ein arroganter, überheblicher Mensch. Wie sehr hasste ich seine
Siegerpose,
wenn er mit ausgebreiteten Armen, den Kopf im Nacken auf
irgendeiner Bühne
stand. Während unseres Einkaufs habe ich ihm gesagt, dass ich diese
Geste von
ihm nicht mag. „Die Leute wollen es aber sehen, so ist das!“ Egal,
verflogen sind
all die Vorurteile gegen ihn. Er ist ein ganz normaler und dazu
sehr netter Superstar.
In Holland genießt er den Bekanntheitsgrad eines Boris Becker hier
zu Lande.
Im Hotel verabschieden wir uns von Familie Barneveld, ein
Live-Interview und eine
Neujahrsansprache in SBS 6 stehen ihm bevor. Er wird Sylvester in
einem Restaurant
mit den Leuten von SBS 6 verbringen. Wie schön… Das Schicksal eines
Volkshelden.
Frau Power reist samt Tochter und Enkel an. Als wir in der
Hotel-Lobby Platz nehmen
ist noch nichts vom Taylor-Clan zu sehen. Zwanzig Minuten später
sitzen wir
alle gemeinsam an einem Tisch und Mr. Power stellt uns seine First
Lady vor. Yvonne
Taylor, eine sehr nette Frau mit typisch englischem Humor. Phil
fordert mich auf
ihr meine Tattoos zu zeigen. Ungläubig blickt sie ihn an und sagt
„Phil, das
ist doch Deine Unterschrift, oder?“ „Ja, und ich bin am Überlegen,
ob ich das
gleiche tun sollte!“ Ich sage ihm, dass es völlig sinnlos ist, wenn
er mit
meiner Unterschrift auf dem Arm durch die Gegend läuft… Der Abend
ist sehr
lustig. Abwechselnd laden wir uns zu Drinks ein. Eine Person(der
Name ist dem Verfasser
des Textes bekannt) bestellt ebenfalls eine Runde und lässt sie bei
Taylor
auf´s Zimmer schreiben. „Das macht er immer so!“ ist Phil´s
trockene
Antwort. Um 0:30 Uhr verabschiedet sich Mr. Taylor, „da er morgen
arbeiten müsse“.
Recht hat er… Zehn Minuten später erscheinen die Barnevelds, „Happy
new year!“
und weg ist Ray. Anscheinend muss er auch arbeiten.
Finale: Mit dem Taxi zur Circus Tavern, wo uns Steve
eröffnet, dass
er leider keinen Platz mehr am Tisch der Familie Taylor hat. Klar,
der ganze Clan
ist mittlerweile eingetroffen. Silvia van Barneveld bietet uns
Plätze an ihrem
Tisch an, obwohl dieser ebenfalls hemmungslos durch holländische
Freunde des
Paares ausgebucht ist. „Das geht schon, ich spreche einfach mit der
Security!“ Wenig
später bittet man uns an besagten Tisch. Niemals zuvor habe ich in
der Circus
Tavern besser gesessen.
Silvia schlägt mir vor, ich solle meine Tickets doch verkaufen.
Gute Idee.
Ich raus ins Foyer und frage einen Engländer, was man für die
Tickets
wohl verlangen oder bekommen könnte. „Für dieses Finale?“ fragt er
und
schaut mich mit großen Augen an. „So 1.500 Pfund pro Karte ganz
bestimmt!“
Klasse, ich bin reich! Jedoch steht vor der Circus Tavern kein
Mensch mit dem Bedürfnis
Finaltickets kaufen zu wollen. Keiner wäre so bescheuert seine
Tickets für
dieses Match zu verkaufen… Deshalb kommt keiner auf Verdacht nach
Purfleet. Pech
gehabt, kein Reichtum. Ich habe zwei Tickets für das weltbeste
Finale aller
Zeiten und brauche sie nicht! Ich Depp, aber ich habe eine
Stoffhose an…
Leider bin ich in der größten Zwickmühle meines gesamten
Lebens.
Ich als Taylor-Fan am Tisch der Barney´s… Zum ersten Mal traue ich
mich nicht
den guten Phil
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| Taylor, Barney & PDC WM Pokal |
anzufeuern. Das verbietet mir der Anstand. Ich könnte nicht
„Come on, Phil!“ schreien und hinter mir sitzt Ray´s Frau. Taylor
geht mit
einer sensationellen Leistung schnell mit 3-0 in Führung. „Nur
nicht 7-0 verlieren!“
schießen mir Raymond´s Sätze in den Sinn. Raymond schmeißt
wie ein Besessener, nur leider viel zu schnell. Ich drehe mich zu
Silvia um und
sage ihr, sie solle ihm bitte sagen, dass er langsamer werfen soll.
Sie steht auf
und brüllt etwas wie „Mach langsam!“ in holländischer Sprache.
Raymond
nimmt sich viel Zeit und wirft seine erste 180, dreht sich zu
unserem Tisch und
hebt den Daumen. Ich muss lachen, weil ich denke, dass ich diese
Geschichte zu Hause
keinem erzählen kann, da man mir sehr wahrscheinlich nicht glauben
würde.
Diese erste 180 war der Startschuss zu einer gnadenlosen Aufholjagd
hat. In der
dritten Pause unterhalte ich mich mit John Lowe, welcher samt
Gattin schräg
hinter uns sitzt. „Ich spiele seit 30 Jahren professionell Dart,
aber so etwas habe
ich noch nie gesehen. Ich werde meine Darts nie mehr in die Hand
nehmen, wenn das
so weitergeht.“ so seine Aussage. Wie recht er hat, es ist mit
Abstand das beste
Spiel aller Zeiten. Ray´s zweiundzwanzig 180er sprechen eine
deutliche Sprache.
7-6. Schluss aus, Ray ist Weltmeister! Silvia weint, fast alle
an unserem Tisch
sind den Tränen nahe. Da steht er oben auf der Bühne mit dem
begehrtesten
Pokal der gesamten Dartwelt. Man sieht Barney deutlich an, dass er
sich soeben seinen
größten Traum erfüllt hat.
Auf dem Weg zur VIP-Lounge treffe ich fünfzehn Minuten später
Phil. Er
schaut mich an und lacht. „Sorry, Gordon, he was better!“ Ja, da
hat er recht. Hätte
er nach der 3-0 Führung auch den vierten Satz gewonnen, der Titel
wäre
ihm sicher gewesen. So gibt es nun aber einen würdigen, aber neuen
Weltmeister.
Die „Barney Army“ hat über die „Power“ des Phil Taylor gesiegt.
Als ich Ray im Spielerbereich treffe, drückt er mich ganz lang
an sich! Er
hetzt in dieser Nacht von Interview zu Interview. Als wir uns ca.
zwei Stunden später
in der Lobby des Hilton treffen sehen beide Spieler aus als seien
sie einen Marathon
gelaufen. Phil sitzt mit Familie und Freunden an einem Tisch, auf
der anderen Seite
des Foyers sitzen die Barneveld´s samt Anhang an einem anderen.
Phil nimmt
sein Handy und schreibt Ray eine SMS, dass er stolz auf ihn sei.
Acht Meter von
einander entfernt. So kann man verlieren…
Tags darauf treffen wir uns alle letztmalig zum Frühstück.
Silvia erhält
per Handy von Königin Beatrix Sekretär die herzlichsten
Glückwünsche
ihrer Majestät. Da man einen Empfang am Flughafen vorbereitet,
müssen
die Barney´s ihren geplanten Flug umbuchen. Ja ja, die Promis…
Vierundzwanzig Stunden später sitze ich wieder in meinem Büro
und blicke
auf die letzten Tage zurück. Der neue Weltmeister hat mir
beigebracht, wie
ich mit Stäbchen esse… Das hat was! Seit dieser Zeit habe ich Ray
bereits mehrere
Male getroffen und wir telefonieren hin und wieder, eher fast
regelmäßig.
Fast wöchentlich schreiben wir uns SMS, egal wo er sich befindet.
Eine seiner
Letzten habe ich nach seinem Finalsieg in Las Vegas erhalten. Diese
hat er mit „Your
hero Ray“ unterzeichnet. Manchmal lässt er mich gerne merken, dass
ich Taylor-Fan
bin…
Raymonds Wechsel zur PDC war das Beste, was der Dartwelt
passieren konnte. Jeder
Experte war sich sicher, dass nur der ein würdiger Weltmeister ist,
der Taylor
im Turnier schlägt. Am besten im Finale… Raymond hat eindrucksvoll
bewiesen,
dass er genau dieser würdige Weltmeister ist. „The Man“ hat mich
nicht nur
durch sein darterisches Talent überzeugt, weitaus wichtiger war die
Erkenntnis,
dass er ein sehr netter, fairer und großherziger Mensch und
Sportler ist.
Vielleicht werde ich ihm irgendwann einmal verraten, dass ich
mittlerweile ein großer
Barney-Fan bin. Geht also doch! Taylor UND Barney-Fan! Wenn jedoch
beide in einem
Turnier gegeneinander spielen, dann halte ich zu… Das behalte ich
für mich
– sorry!
Ach Phil, wenn Du dies hier lesen solltest, ich werde das
Power-Tattoo auf meiner
Hand niemals vergessen, verlass Dich drauf!
„Game on…“





