Dartoids Welt Nr. 316 – Was ist los mit Uniboffin?

Dartoids Welt Nr. 316 – Was ist los mit Uniboffin?

Fast zehn Jahre lang hatte ich ein Büro in England, genauer in Crowborough
in East Sussex,
direkt an der langen, kurvenreichen Straße von Royal Tunbrigde Wells in Kent.
Deshalb weiß ich ein bisschen was über Conkers, Tee, Tiki Masala und
andere typisch britische Dinge.

Das habe ich nur erzählt um zu beweisen, dass ich gewisse Vorkenntnisse mitbringe
und deshalb war ich auch ziemlich überrascht, als ich vor einigen Monaten erfuhr
dass irgendso ein Typ bei Unicorn (www.unicorn-dart.com)
sich selbst knutschte. Ich ziehe Dich nicht auf! Irgendjemand beim „Big
Name in Darts“
nannte sich und nennt sich immer noch „Selbstknutscher“
(Uniboffin).

Ich werd verrückt!

Stell die mal folgende Szene vor. Es passierte so vor rund 10 Jahren und ziemlich
genauso, wie ich es hier erzähle. Ich saß in einem Pub namens „The
Cross“
mitten im Zentrum von Crowborough, kurz bevor das Winston Manor
Hotel niederbrannte, trank ein Ale und unterhielt mich mit meinem Freund Tommy Molina.
„Also Tommy, jetzt erzähl mir doch mal wie es mit dem Mädchen lief,
mit dem Du Dich neulich

Der Uniboffin
Der Uniboffin

unterhalten
hast“, sagte ich. „Ah, antwortete Tommy und zwinkerte mir zu, “
nettes Mädchen – hab sie ganz schön abgeknutscht (boffed).“

Verstehst Du jetzt was ich meine?

Warum sollte jemand sich selbst knutschen wollen?

Und warum sollte Unicorn das aller Welt verkünden?

Es stellt sich heraus, dass es darauf eine vollkommen logische Antwort gibt. Im
Englischen kann „Boffin“ sowohl als Substantiv als auch als Verb verwendet
werden. Ein „Boffin“ ist eine Art verrückter Wissenschaftler. Sollte
dieser „Boffin“ – mit Brille, weißem Arbeitsmantel und sonstigen
Assecoires – ins „Cross“ gehen und sollte er dort Glück haben,
na dann könnte der „Boffin“ vielleicht „boffen“…

Aber ich schweife ab…

In diesem Fall hat dieser Unicorn Wissenschaftler, der Uniboffin, verschiedene Sets
Darts erfunden. Sie heißen Sigma Pro und Sigma One, und sie werden als die
aerodynamisch perfektesten Darts beworben, die jemals hergestellt wurden. Logischerweise
verstehe ich darunter, dass sie genau dort landen, wo Du sie hinwirfst…

Ich habe jetzt einige Monate lang mit einem Set trainiert, dass mir der leitende
Direktor von Unicorn, Edward Lowy, freundlicherweise zugeschickt hatte. Ich weiß
genau, dass ich anscheinend all die Jahre abwechselnd auf die 12 und die 18 und
manchmal sogar auf die Wand gezielt habe. Na ja, so genau wusste ich das nie.

Der Dartteil des Darts (technisch ausgedrückt: dieser spitze Teil und dieser
Barrel) ist für beide Sigmas der gleiche. Nur die Schäfte und die Flights
sind verschieden.

Wenn Du wirklich, wirklich gut bist, sind die Sigma Pros richtig für Dich.
Alles was Du tun musst, ist die hübschen schwarzen Schäfte einzuschrauben
und die kleinen schwarzen Flights mit einem seitlichem Schwerpunkt zu versehen —
und schon wirfst Du den ganzen Tag Maxima.

Wenn Du wirklich, ganz sicher nicht so gut bist, sind die Sigma Ones besser für
Dich. Bei denen brauchst Du nur die coolen transparenten Schäfte mit den kleinen
Bläschen einzuschrauben und die größeren, weißen Flights hinzuzufügen
— und schon wirfst Du den ganzen Tag Maxima.

Wie viele Dart Spieler, die sich nicht ganz realistisch einschätzen, glaube
ich natürlich, dass mein Leistungsniveau näher an sehr, sehr gut als an
nicht, wirklich nicht so gut angesiedelt ist, und daher experimentierte ich als
erstes mit meinen Sigma Darts, indem ich das Päckchen zwei Monate nicht auspackte.
Sie waren aus dem weit entfernten England gekommen, es schien mir besser sie erst
einmal in Quarantäne zu schicken— damit ich sicher war, dass sie weder BSE
noch Vogelgrippe verseucht waren.

Ganz im Ernst, ich habe das Päckchen wirklich einige Monate lang nicht geöffnet
und habe sie erst Wochen später ausprobiert. Ich weiß nicht, warum eigentlich,
außer vielleicht, dass ich noch nie jemand war, der mit verschiedenen Set
Darts oder mit dem Drum und Dran herumgespielt hat, auch nicht mit dieser riesigen
Wasserpfeife, die mein Freund Carl Ringleberg zu den Parties in College mitgebracht
hat.

Manchmal lüge ich auch.

Seit fast 15 Jahren benutze ich ein Set Darts, das Jeff Pickup aus Montreal für
mich gemacht hat. Vielleicht bin ich loyal. Vielleicht bin ich skeptisch— ich
habe mir einfach nicht vorstellen können, dass mein Spiel, außer von
einem weiteren Bier, von irgendetwas profitieren könnte.

Als ich schließlich die neuen Darts doch herauszog und ans Oche trat um sie
auszuprobieren, nahm ich mir erst einmal die Sigma Pros. Ich dachte mir dabei, dass,
wenn die Sigma Ones mein Spiel verbessern könnten, die Sigma Pros doch sicherlich
noch viel mehr helfen müssten. Das macht doch Sinn, oder etwa nicht?

Also ich weiß ganz ehrlich nicht, ob es wirklich Sinn machte, weil nach rund
fünf Minuten einer meiner Darts abprallte, mein Hund sich ihn schnappte und
an dem Schaft herumnagte und mampfte. Da nur drei Schäfte bei den Darts dabei
waren, blieb mir nichts anderes übrig, als mich den Sigma Ones zuzuwenden.

Aber die Sigma Ones fühlten sich gut an. Damit konnte ich gar nicht verfehlen.

Ich trainierte mit ihnen rund eine Woche pausenlos und beschloss dann (und das war
wirklich eine große Entscheidung) sie statt meinem verlässlichen alten
Set mit auf die Reise zu nehmen. Ich fühlte mich ein bisschen schuldbewusst,
als ich mich nach San Francisco auf den Weg machte und ich hatte ein paar tolle
Nächte am Board.

Die Darts lagen perfekt in der Hand. Sie schienen dort zu landen, wo ich hingezielt
hatte und wenn sie nicht trafen, verfehlten sie ihr Ziel nicht so weit, wie mein
langjähriges Set. Zum Beispiel traf ich, wenn ich auf die Zwanzig zielte, eher
ab und zu die 1 oder die 5 statt der 12 oder der 18. Ich lag näher am Ziel,
wenn ich auch weniger Punkte erzielte…

Ich war in Hochstimmung als ich nach Hause zurückkehrte. Ich traf eine endgültige
Entscheidung und wechselte meine Darts. Da mir demnächst in Portland einige
Spiele ins Haus stehen, zu denen ich herausgefordert worden bin (sie sind für
wohltätige Zwecke), packte ich meine alten Darts weg und stützte mich
ins Training.

Ich nahm zu den Leuten von Madondarts Kontakt auf und bestellte noch ein paar Sets
Schäfte und Flights, die auch prompt ankamen (sie sind aber noch in Quarantäne)
und ging an die Arbeit. Ich schrieb sogar an Lowy von Unicorn und teilte ihm mit,
wie beeindruckt ich war und um mehr über den Uniboffin zu erfahren, der die
Darts erfunden hat und auch darüber, was er treibt, wenn er nachts alleine
ist.

Großmütig, wie er ist antwortete mir Lowy, dass bisher nur ein paar hundert
Sets der Darts hergestellt worden sind und dass diese innerhalb einer Woche restlos
ausverkauft waren (es wird aber bald wieder welche geben). Er bot mir an, ein Interview
mit Uniboffin zu arrangieren, worauf ich sicher zurück kommen werde, sollte
es Lowy nicht gelingen mir ein Interview mit Nicola Moriarty, dem Premier
League
Walk-on-Girl der PDC, zu vermitteln. Wenn Dir nicht
klar ist, warum mir dieses Interview lieber wäre, schau mal hier nach: www.nicolamoriarty.com.

Da fällt mir doch gleich das Thema „Knutschen“ wieder ein!

Aber ich bin schon wieder abgeschweift! Entschuldigung.

Dann, rund eine Woche nachdem ich aus San Francisco zurückgekommen war, passierte
es…

Es fing ganz langsam an, aber innerhalb von Stunden war mein Spiel nur noch Müll.
Egal was ich tat, welche kleinen Korrekturen ich vornahm, es gelang mir nicht mehr,
meine Sigma Ones in ihr Ziel zu bringen.

Also experimentierte ich mit den Schäften. Ich machte an den Flights herum.
In den folgenden Tagen fragte ich Leute, die ihre neuen Sigmas liebten, um Rat und
erfuhr, dass wenn ich irgendetwas änderte, ich die gesamte fein ausgewogene
Aerodynamik die Uniboffin geschaffen hatte zerstörte.

Ich begann darüber nachzudenken, ob vielleicht weniger die ganze komplizierte
Sigma Mathematik für meine anfänglichen Erfolge verantwortlich war, als
meine geistige Haltung, das Gefühl, das Vertrauen, dass man mir etwas besonderes
geschenkt hatte, ein wissenschaftlich ausgeklügeltes Set Darts, das mich von
einer Niete in einen Top Spieler verwandeln würde.

Schließlich verbannte ich meine Sigma Darts und fühlte mich dabei nicht
weniger schuldig, als zu den Zeitpunkt, zu dem ich mein altes, verlässliches
Set eingepackt hatte.

Ich holte meine alten Darts wieder heraus und jetzt ist es wieder wie immer.

Natürlich hat diese kleine Geschichte auch eine Moral (eine etwas unheimliche):

Es gibt Menschen, die gerne mit den Darts von Uniboffin spielen, während andere
lieber mit ihren eigenen Darts werfen.

Vor Ort
Dartoid

 

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