Game On… Nr. 07 – Ally Pally, Resident Evil und Gummi-Nüsse

Game On… Nr. 7 – Ally Pally, Resident Evil und Gummi-Nüsse

Die Entscheidung war in einem knapp dreistündigen Meeting zu Gunsten der PDC
gefallen. Michael Rosenauer
zog den Alexandra Palace im Norden Londons dem Lakeside Country Club
in Frimley Green / Surrey vor. Nun begannen die Vorbereitungen aller Beteiligten.
Rosi trainierte jeden Tag seine üblichen zehn Stunden, in der Zwischenzeit
versuchte ich einen geeigneten Trainingspartner für ihn zu finden. Was helfen
alle Kontakte, wenn man sie nicht nutzt? Unter diesem Gesichtspunkt kontaktierte
ich Raymond van Barneveld.
In einer kurzen Mail fragte ich ihn, ob es evtl. möglich sei, dass er mit Rosi
zwei Tage trainieren würde. Ehrlich gesagt hatte ich nicht große Hoffnungen,
da es sich schließlich um seine Titelverteidigung handelte und er möglicherweise
lieber alleine trainieren würde.

Ed van der Veer, seines Zeichens Manager von Barney, antwortete mir einen Tag später.
Ob Michael am 13. und 14. Dezember zu Verfügung stehen könnte, so seine
Frage. Ich war angenehm überrascht! Okay, wir hatten schon häufig darüber
gesprochen, dass es zu einem regelmäßigen, gemeinsamen Training kommen
sollte, jedoch hatte ich keine Hoffnung, dass es so kurzfristig zustande käme.
Meine Antwort war kurz und knapp „Uhrzeit? Ort?“

So starteten wir am Donnerstag, dem 13. Dezember früh morgens in Richtung Holland.
Treffpunkt war das Hotel en Congrescentrum WICC in Wageningen. Im Keller
des Hotels befindet sich eine Bar namens „Down Under“, welche über
eine Anlage mit drei Boards verfügt. Diese Bar wurde seitens Ed van der Veer
für die kommenden zwei Tage für die Öffentlichkeit geschlossen. Wer
den Status eines Raymond van Barneveld
in seinem Heimatland kennt, der weiß warum. Das Hotel war zu diesem Zeitpunkt
ausgebucht, eine Seminargruppe von ca. 250 Personen füllte die Lobby, die Restaurants
und Bars.

Bei Eintreffen waren wir sehr erstaunt, das der WDF-Spieler Joey ten Berge
ebenfalls anwesend war. Zehn Minuten später erschien Michael van Gerwen,
welcher die Überraschung perfekt machte. Einer tollen Trainingssession konnte
somit nun nichts mehr im Wege stehen. Ed van der Veer erschien wie immer gut gelaunt
in „Down Under“ und die Begrüßung viel sehr herzlich aus. Nur
der amtierende Weltmeister ließ

auf
sich warten. Warum wusste keiner, jedoch fand ich ihn ein paar Minuten später
in der Hotel-Lobby umringt von ca. 70 Personen die ihn freundlich um ein Autogramm
baten. Mit den Worten „Ich war pünktlich, komme hier aber nicht weiter!“
begrüßte er mich mit einem Lachen. Zehn Minuten später waren wir
komplett, die Tür im „Down under“ wurde geschlossen. Der Modus für
die nächsten zwei lautete „Best of 5 legs / Best of 7 sets – Round Robin“,
wobei jeder Satz gespielt werden musste. In diesen zwei Tagen habe ich ungefähr
200 Legs per Hand geschrieben, jedoch niemals zuvor eine solche Menge an Shortlegs.
Mit einem Leg von 18-20 Darts zählte man zu den Schlechten dieser Runde. Reihenweise
vielen 180er, 140er, ein High-Finish folgte dem Nächsten. Einfach unglaublich.

Die Leistungen aller Spieler waren herausragend, wobei Rosi gegen Barney ein 0:7
einstecken musste, aber Michael van Gerwen
mit seinem 1:6 gegen Barney nicht wesentlich besser war. Rosi spielte trotz des
deutlichen Ergebnisses weltklasse und war doch gegen Ray´s 106er Average chancenlos.
Barney war unglaublich stark und ich war mir eigentlich recht sicher, dass er in
einer solchen Form seinen Titel verteidigen würde, wenn nicht sogar müsste.
Dass es nicht so kommen sollte, wissen wir mittlerweile alle.

Zwischen den Spielen wurde diskutiert, meist über Ray´s schwarze „Ceramic-Darts“,
welche nach zu hoher Beanspruchung einen recht deutlichen Materialschwund zu verzeichnen
hatten. Barney warf die armen Dinger derartig exakt in die Treble 20 das sprichwörtlich
die (Keramik-)Brocken flogen. Zu meiner Verwunderung fühlt sich die Keramikbeschichtung
an, als wäre es Gummi. Die Darts haben einen wirklich außergewöhnlich
tollen Grip und ich bin mir sicher, dass die Darts bis zur Erscheinung keinerlei
Grund zur Beanstandung geben werden. Zum Zweck der Materialkontrolle war der Inhaber
der Hersteller-Firma selbst vor Ort. Normalerweise sollte ich einen Set dieser Darts
in den nächsten Tagen in meinem Briefkasten vorfinden. „Schau’n mer mal“,
auf jeden Fall freue ich mich darauf, da ich mit Ray´s Darts in einer kurzen
Pause zu meiner Verwunderung selbst zwei 180er geworfen habe. Die Trainingseinheiten
wurden nur durch gemeinsame Mahlzeiten unterbrochen. Diese waren aber umso lustiger…

Freitags morgens erschien Co Stompé
und ersetzte Michael van Gerwen,
welcher nach dem ersten Tag wieder abreiste. Co ist ebenfalls ein unglaublich sympathischer
Mensch und fantastischer Spieler.

Freitags abends machten wir uns wieder auf die Heimreise, eigentlich nur um die
Koffer aus- und umzupacken für unseren Trip nach England. Als Erstes packte
ich meine
schwarzen Hosen ein, sicher ist sicher! Mit Flugnummer BA 8733 verließen wir
Deutschland gegen 11 Uhr 45 in Richtung Airport London City. Nach einem angenehmen
Flug landeten wir sicher im Heimatland des Dartsports. Selbst der Taxifahrer war
ein großer Dartfan und glücklich den deutschen Qualifikanten chauffieren
zu können. Auf der Fahrt zum Hotel sahen wir den „Millenium Dome“,
welcher als Austragungsort der PDC_Dart_Weltmeisterschaft ebenfalls zur Diskussion stand,
jedoch gegen den Alexandra Palace letztendlich verlor. Nach 25 Minuten, und knapp
30 Britische Pfund ärmer, erreichten wir das „Thistle“-Hotel, in
welchem viele der Spieler nächtigten. Unser Zimmer befand sich im dritten Stock,
Zimmernummer 322. Landestypische Ausstattung… Schwerer Teppich mit grauenhaftem
Muster, noch schwerere Vorhänge mit noch grauenhafterem Muster. Badezimmer
und Betten okay, was will man mehr? Leider habe ich es versäumt Bilder der
Flure zu machen, jedoch sind sie einfach zu beschreiben, da ich „Resident Evil“-Spieler
der ersten Stunde bin. Ich bin mir absolut sicher, dass das Thistle-Hotel den Programmierern
von Capcom als Vorlage diente. Die Flure des Hotels waren identisch derer, die einem
jeden Spieler im ersten Teil des Horror-Adventures den Schauer über den Rücken
jagte! Keine Frage, ich wohne für eine Woche im alten Herrenhaus! Ich hätte
mich nicht gewundert wenn hier und da ein Zombie um die Ecke gebogen wäre…
Naja, ich hatte ja Rosi und seine Darts dabei, was sollte mir schon passieren! Koffer
auspacken…

Täglicher Treffpunkt im Thistle-Hotel war die Bar im Erdgeschoss, in der drei
Practise-Boards installiert waren. Hier traf man Spieler wie z.B. Ronnie Baxter,
Roland Scholten,
Peter Manley,
Colin Monk, Mick McGowan
und den Großteil der Qualifikanten. Mensur Suljovic
war zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwesend, da sein Spiel erst am Donnerstag stattfinden
würde. Während ich meine erste Kanne „Earl Grey“-Tee zu mir nahm warf Rosi seine ersten Darts. Werner von Moltke und unser allseits beliebter Kommentator
Elmar Paulke waren in der Zwischenzeit ebenfalls eingetroffen. Nach kurzem Plausch
entschied man sich mit dem Taxi zu Alexandra Palace zu fahren. Jeder brannte förmlich
darauf die neue Spielstätte der PDC in Augenschein nehmen zu können. 22
Britische Pfund später erklommen wir die Stufen zum „Ally Pally“!
Dieser ist ein typisch alt-englisches Gemäuer aus dem 18. Jahrhundert, welches
von außen eigentlich nicht zum Dartsport passt. Diese Meinung sollte ich aber
schnell über Bord werfen. Durch den Haupteingang ging es in den „Registration
Room“. Hier nahmen wir unsere Akkreditierung entgegen. Danach endlich in den
Saal, der für die nächsten zwei Wochen das Wohnzimmer des Dartsports sein
sollte. Sprachlosigkeit machte sich bei allen Beteiligten breit, als wir die Bühne
betrachteten. 40 Meter lang, die Aufbauten knapp 4,50 Meter hoch und in der Mitte
hängt ein kleines Dartboard! Eine unglaubliche Menge an Kameras hat SKY Sport
aufgefahren und ein Studio in 4 Meter Höhe wurde gebaut. Hierbei handelt es
sich um einen Turm, bestehend aus Traversen und viel Glas, welcher am linken, äußeren
Rand der Halle steht. Zu diesem Zeitpunkt war der „Ally Pally“ leer, die
Zuschauer warteten auf ihren Einlass.

An der Bühne links vorbei, durch eine große Tür, die Treppe herunter
rechts befindet sich der Players-Bereich, ausgestattet mit einer Bar, Practice-Boards
und einem gesonderten Bereich für Spieler und deren Betreuer. Dieser Bereich
ist ausschließlich für die Spieler, welche an eben diesem Tag ihren Auftritt
haben. Na ja, morgen werde ich da wohl auch sein. Jede Person die Zutritt zum großen
Players-Bereich hat kann dort gratis essen und Soft-Drinks zu sich nehmen. Nur Alkoholika kostet Geld, richtig
Geld! Ich meine also so richtig viel Geld, unmenschlich viel! Ich glaube in England
müssen Alkoholiker unheimlich reich sein. Ich bestelle drei Hütchen. Einen
Wodka mit Red Bull, einen Bacardi Cola und einen Jim Beam Cola für schlappe
19,50 Britische Pfund. Also EUR 25,70 – Schnäppchen!

Die Spiele beginnen. Über zwei große Leinwände kann man von jedem
Sitzplatz das Geschehen auf der Bühne sehr gut verfolgen. Die Atmosphäre
ist unbeschreiblich, das Publikum hat einen Altersdurchschnitt von vielleicht 22-24
Jahren, welcher sich somit um ca. 40 Jahre von dem der BDO unterscheidet! Dart ist
dort angekommen, wo ich es immer haben und sehen wollte. Dart ist mittlerweile ein
Spektakel der Superlative! Die Einschaltquote spricht eine deutliche Sprache. Durch
den Umzug von der Circus Tavern in den Ally Pally wurden neue Maßstäbe
gesetzt und jeder Verband wird sich an dieser Meßlatte die Zähne ausbeißen.
Die Möglichkeiten der PDC scheinen in den heutigen Tagen grenzenlos zu sein.

Nochmals 22 Britische Pfund und wir sind wieder im Hotel. Ich denke wir werden in
den nächsten Tagen den kostenlosen Shuttle-Service der PDC nutzen. Da alle
Offiziellen (Caller, Schreiber, Bodyguards, etc.) im Thistle wohnen pendelt dieser
zwischen Hotel und Spielort. In der Bar unseres Vertrauens werden wir den Abend
verbringen. Es wird viel gelacht und als Elmar Paulke erscheint haben wir uns etwas
sehr hinterhältiges ausgedacht. Ich schlage ihm vor, dass er ein Leg 501 Double
Out gegen Roland Scholten
spielen soll, wobei seine Punktzahl doppelt gewertet wird. Er ist Feuer und Flamme
und geht die Wette ein. Der Unwissende… Der Verlierer bezahlt eine Runde.
Na dann… Elmar startet mit T20, S20, D20, also mit einem von ihm immer wieder
gern zitierten Shanghai! 120 bedeutet in seinem Fall 240 Punkte! Was nun folgt muss
als legendär bezeichnet werden. Elmar zelebriert das Ergebnis seines Wurfs
ganz im Stil der großen Sportstars dieser Welt. Mit der typischen Becker-Faust
rennt er durch die Bar und schreit „Da isser wieder! Immer da, wenn man
ihn braucht!“
Wir biegen uns vor lachen und Elmar lässt seiner Freude
freien Lauf. „Den mach ich weg, da lach ich doch!“, seine Freude
kennt keine Grenzen weicht aber 9 Darts später der Erkenntnis, dass er das
Spiel niemals auf einem Doppel beenden kann. Da steht er nun der Herr DSF-Dart-Kommentator
und ruft „Ihr Schweine habt mich verarscht!“ Roland Scholten krümmt
sich vor lachen und wir liegen auf den Tischen und haben Bauchschmerzen und bekommen
keine Luft. Elmar bezahlt. Später sagt er:

„Wenn das einer erfährt, dass der Dart-Kommentator, der sogenannte
Fachmann, auf so einen Scheiß reinfällt, dann lachen die sich doch alle
tot!“
Stimmt, deshalb schreibe ich es. Elmar, falls Du das hier ließt,
Dein Jubel war einsame Klasse und ich werde diesen Auftritt nie vergessen! [Anm.
d. Red.: Elmar wird das hier sicherlich lesen]

Dienstag, 18. Dezember 2008: Rosi gegen Mervyn King.
Nach einem reichhaltigen Frühstück verschwindet Rosi an die Practise-Boards,
ich spiele bei einer Kanne Tee ein wenig Poker auf meiner PSP. Es scheint als sei
Rosi nicht für 5 Cent nervös. Komisch. Ich bin es auf jeden Fall. Jeder
Dartspieler würde wahrscheinlich jetzt gerne mit ihm tauschen. Ich auch. Hin
und wieder schaue ich um die Ecke und frage ob alles in Ordnung sei. „Ja
ja, ich lege mich jetzt noch ein bisschen hin und schlafe!“
Also hoch ins
Zimmer, ich ziehe mich um, er legt sich ins Bett. Ich treffe mich mit Werner zum
Essen in der Bar, 90 Minuten später wecke ich Rosi durch einen kurzen Anruf.
Jetzt geht es los, mit dem Shuttle-Bus geht es zum Ally Pally.

Wir geben Dave Allen die CD mit Rosis Walk-In-Musik. Hierbei handelt es sich um
eine geschnittene Version des Liedes „Knights of Cydonia“.

Rosi verschwindet im abgesperrten Practise-Room, in dem sich alle Profis einspielen.
Ich muss meinen Ausweis zeigen, damit ich Eintritt erhalte. Phil Taylor,
Michael van Gerwen,
Toon Grebe, Peter Manley,
Mervyn King und
Rosi spielen sich ein. Phil zu treffen ist für mich auch nach all den Jahren
immer wieder etwas Besonderes. Er wirkt anders als sonst auf mich. Er sieht regelrecht
entspannt aus. Seltsam. Er drückt mich an sich und sagt „Schön
Dich zu sehen!“
. Rosi und Herr King sagen kurz „Hallo“,
das war´s!

Ein Offizieller der PDC informiert uns, dass die CD mit Rosis Walk-In-Musik nicht
laufen würde. Völliger Blödsinn, wir haben das Lied in jedem gängigen
Format auf die Disk gebrannt. Nein, sie würde nicht laufen und Rosi würde
ein anderes Lied als Walk-In erhalten. Na, das geht ja schon gut los! Ich bin stinksauer…

Toon Grebe spielt
eine sensationelle Partie gegen „One Dart“ und mit etwas Glück hätte
er ihn schlagen können, ja müssen. Als Taylor den Players-Bereich verlässt
mache ich mich ebenfalls auf den Weg, schließlich möchte ich sein Spiel
gegen van Gerwen nicht verpassen. Man hat die Möglichkeit die Spiele im Playersbereich
auf Flatscreens zu verfolgen, jedoch möchte ich Phil´s ersten Auftritt
im Alexandra Palace live, in Farbe und im Publikum erleben. Der Walk-In ist
grandios! Taylor tut sich schwer, ist wahnsinnig nervös. Hin und wieder verlasse
ich meinen Platz um nach Rosi zu schauen. Kurz vor dem Match werden die Spieler
von Bodyguards in den „Concentration-Room“ geführt. Dies ist ein
kleiner Raum hinter der Bühne, welcher lediglich mit zwei Boards ausgestattet
ist. Die Boards sind so von einander abgetrennt, dass man den Wurf des anderen nicht
sehen kann. Nur die Spieler dürfen in diesen Raum, keine andere Person erhält
Zutritt. Taylor gewinnt gegen van Gerwen denkbar knapp und glücklich. Nun macht
sich die Anspannung bei allen Beteiligten wirklich bemerkbar. Nur bei Rosi nicht.
Er ist cool, lacht und macht mit den Mädels vorm Walk-In noch ein paar Scherze.

Als Rosi kurz bei mir stehen bleibt drücke ich ihm die Hand und zeige ihm nochmals
unseren gemeinsamen Glücksbringer. Eine Erdnuss aus Gummi! Ich weiß,
es hört sich seltsam an, aber die Geschichte warum es eine Erdnuss ist, wäre
hier zu lang. Jeder von uns hat immer, und ich meine immer, eine Gummi-Erdnuss in
seiner Hosentasche. Diese hat uns einen großen Teil der GDC-Serie im letzten
Jahr begleitet. Somit war es logisch, die Erdnuss muss mit in den Ally Pally nach
London! Wer aufgepasst hat konnte sehen, dass Rosi eine Erdnuss als Print auf der
Rückseite seines Shirts(rechts unter seinem Namen) trägt. Mein Werk…

Jetzt geht es los und mir schießen tausende Dinge durch den Kopf. Wie viel
hat dieser Typ für dieses Spiel investiert? Wahnsinn, wie viele Stunden er
im letzten Jahr trainiert hat. Ich kenne keinen anderen Spieler, der täglich
so viel spielt. Die Flights die er in den letzten Monaten zerstört hat kann
kein Mensch zählen. Ja ja, die Flights… Rosi spielt seit Monaten mit schmalen „Barney“-Flights
der Marke „MasterDarts“. Gold mit einer kleinen Barney-Karikatur. Das
Material der Flights ist extrem stabil und dicker als gewöhnliche Flights.
Beim Barney-Flight handelt es sich um einen Harrows-Dimplex-Flight, welcher aber
von MasterDarts mit einer kleinen Barney-Figur versehen wurde. Sie werden nun unter
dem Namen „MasterDarts“ verkauft, jedoch stammen sie von Harrows. Die
Flights unterscheiden sich gravierend von anderen schmalen Flights. Sie sind größer
als schmale Flights unseres Sponsors und haben zusätzlich die typische Struktur
eines Dimplex-Flights. Richtig, sie sind aber nicht von Unicorn… Wochen vor
Beginn der Weltmeisterschaft beginnt Rosi andere Flights zu testen. Schwarze schmale
Flights, natürlich von Unicorn. Schließlich soll keiner sehen, dass er
normalerweise mit Flights eines anderen Herstellers spielt. Leider hat Unicorn keine
vergleichbaren Flights im Angebot. Rosi kann zwar gut mit den schwarzen Flights
von Unicorn spielen, jedoch ist es trotzdem ein Unterschied.

Zwei Wochen vor seinem Spiel gegen King sage ich zu ihm: „Rosi, wenn Du
Dich mit den anderen Flights besser fühlst, dann benutze sie! Mir ist es schei*egal,
was irgendeiner sagt, Du musst schließlich damit spielen und kein anderer!“

Nun steht er da oben auf der Bühne. Monate nachdem die erste GDC-Saison ins
Leben gerufen wurde. Er kann sehr stolz auf das bisher erreichte sein. Ich bin auch
stolz und zwar auf ihn…

Das letzte Leg im zweiten Set verschläft Rosi unglücklicherweise. Er verliert
den ersten Set mit 3:2 und ich habe eigentlich keine Bedenken, dass Rosi das noch
ausgleichen kann. Als er den zweiten Set mit 0:3 verliert habe ich die Befürchtung,
dass zu wenig Nervosität vielleicht nicht hilfreich ist.
Während unseres Aufenthalts in Holland sagte Barney zu ihm: „Mach Dich
mit der Situation vertraut, falls Du 0:2 in Sets hinten liegst! Dann muss Du die
richtigen Gedanken finden und ins Spiel zurück kommen!“
Wie recht
er hat, der gute Barney… Ich stehe da und hoffe, dass sich Rosi an dieses
Gespräch genau jetzt erinnert. Er kommt zurück und wie. Mittlerweile hat
jeder in der Halle kapiert, dass dieser Mann extrem gut spielen kann. Das 2:2 in
Sets ist einfach unglaublich. Mit immer höheren Scores und tödlichen Checks
macht Rosi Herrn King das Leben zur Hölle. Das fünfte Set muss die Entscheidung
bringen. Leider ist es eine Entscheidung zu Gunsten von Mervyn King.
Er rettet den letzten Set mit 5:3! Wäre es zum Sudden-Death-Leg gekommen, hätte
ich eine Unmenge auf Sieg Rosenauer gesetzt! Das Abenteuer „Rosi goes Ally
Pally“ ist vorbei. Aber nur in diesem Jahr, wir werden wiederkommen! In meinen
Augen hat sich Michael Rosenauer
mehr als gut verkauft. Dies denke ich nicht, weil es Rosi ist. Ich würde es
über jeden anderen Spieler schreiben, hätte er so gespielt. Viele hätten
nach einem 0:2 Satzrückstand aufgegeben. Nicht Rosi! Er hat gezeigt, dass er
vor großen Bühnen und großen Namen keine Angst hat und was weitaus
wichtiger ist, er muss aufgrund seiner Spielstärke keine Angst haben!

Ich treffe Mervyn King
im Practice-Room und gratuliere ihm zu seinem guten Spiel. Er verdreht die Augen
und sagt, dass es eines seiner schlechtesten Spiele überhaupt gewesen sei.
Was ist das denn für ein Typ, schießt es mir durch den Kopf. Der Clown
spielt einen 97er Average und macht so einen Spruch! Wahnsinn…

Die SKY-Kommenatoren sprechen voller Lob über Rosi. Die „Adenauer,
Beckenbauer und Rosenauer“
-Story zieht ihre Kreise. Jeder gratuliert ihm
zu diesem tollen Spiel. Jeder hofft, dass er wiederkommt.

Jetzt brauche ich eine Zigarette. Ich weiß, es ist schädlich! Draußen
treffe ich wieder die gleichen zwei netten Herren, die ich schon gestern getroffen
hatte. Jann Hoffmann, in den frühen 90gern selbst ein erfolgreicher WDF-Spieler
und seinen Freund Michael Frydendahl. Jann hatte 1994/95 einen Herzinfarkt und musste
die Dartkarriere etwas hinten anstellen. Diese zwei Dänen haben es mir wirklich
angetan! Zum Glück schlafen sie in unserem Hotel, somit sind die lustigen Abende
in der Hotelbar gesichert. Ich habe selten in meinem Leben solche netten, verrückten
Typen kennen gelernt. Wir machen Blödsinn von morgens bis abends. Wir werden
uns demnächst zu einem Freundschaftsspiel im „House of Darts“ treffen
und zum Rückspiel nach Dänemark fahren.

Wir treffen uns alle hinterher im Hotel an der Bar. Hier hängt eine große
Leinwand und wir verfolgen die Spiele des Tages in der Zusammenfassung. Plötzlich
zeigt SKY einen Trailer, welcher imposant in Szene gesetzt wurde. Als Untermalung
dient die Walk-In-Musik von Rosi, seltsamerweise aber exakt die geschnittene Version,
welche wir auf CD den PDC-Offiziellen ausgehändigt hatten! Jetzt wird uns allen
klar, warum Rosi eine andere Walk-In-Musik bekommen musste. Man hat uns unseren
Song schlichtweg geklaut! Prost…

Mittwoch, 19. Dezember 2008: Heute finden aus meiner Sicht nur langweilige Spiele
statt. Rosi, Werner und ich beschließen den Tag „dartfrei“ zu verbringen.
Shopping steht auf dem Programm. Am Abend reist Mensur Suljovic
an. Mensur trainiert ein wenig und verschwindet recht früh auf seinem Zimmer.
Wir auch… Gegen 04:30 Uhr beschließen wir die Leitung der Bar zu übernehmen.

Donnerstag, 20. Dezember 2008: Heute ist Mensurs Tag. Er spielt gegen Andy „The
Pieman“ Smith. Mensur hat gegen Andy eine tadellose Bilanz. Zwei Spiele, zwei
Siege!

Als
wir im Ally Pally eintreffen ist Mensur sehr nervös. Bei seinem Walk-In können
wir nur noch abklatschen, alles andere muss er nun selbst machen. Werner und ich
schreien wie die Geisteskranken und anscheinend hilft es. Mensur hat sich aus Österreich
und Deutschland Unterstützung mitgebracht. Wolfgang und José-Luis feuern
Mensur nach besten Kräften an, sind aber gegen Werner und mich chancenlos.
Mensur überwindet seine Nervosität nach den ersten beiden Sets und findet
seine bekannte Form zum rechten Zeitpunkt. Im letzten Leg kann er sogar mit zweimal
180 glänzen. Die Averages sind nicht besonders toll, jedoch fragt in ein paar
Tagen kein Mensch mehr danach! Wir freuen uns wie die Irren und feiern bis morgens
um 3:00 Uhr bevor Mensur beschließt ins Bett zu gehen. Gegen 4:45 Uhr beschließt
der Rest der Runde den Abend (Morgen) als gelungen zu beenden.

Werner, José, Mensur und Hermann fliegen am darauf folgenden Tag nach Hause.
Rosi und ich bleiben noch bis Sonntag. Wir verbringen den Samstag im Alexandra Palace.
Abends packen wir die Koffer, morgen geht es nach Hause. Weihnachten bei der Familie…toll!

Sonntag, 23. Dezember 2008: Ich ahne nichts Gutes, als wir mit dem Taxi zum Flughafen
Heathrow fahren. Nebel. Dichter Nebel. Nach einer Stunde Aufenthalt steht es fest,
unser Flug wurde gestrichen. Mit dem Eurostar fahren wir von London nach Brüssel.
Für ein Zugticket verlangt man heute EUR 231,00 pro Person. Schön. In
Brüssel angekommen mit dem Taxi vom Bahnhof zum Airport. Auto mieten bei AVIS!
Mit dem Auto von Brüssel fünf Stunden lang im dichten Nebel zum Frankfurter
Flughafen. Herrlich… Mit dem Taxi nach Rodgau. Endlich zuhause! Um 2:30 Uhr
an Heilig Abend schließe ich die Tür zu meiner Wohnung auf. Rosi muss
jetzt noch 70 Kilometer fahren. Ich packe die Koffer aus und lege mich in mein Bett.

War es die richtige Entscheidung, Rosi dazu zu raten zur PDC zu wechseln? Zu diesem
Zeitpunkt finde ich keine Antwort. Erst recht finde ich keine Antwort, als ich sehe,
dass Kirk Shepherd
„unseren“ Wayne Mardle
schlägt, nachdem dieser Phil Taylor
in einem sensationellen Spiel aus dem Turnier warf. Kirk Shepherd hatte im Verlauf
des Turniers ingesamt 13 Matchdarts gegen sich und kam bis ins Endspiel. Warum hatten
Rosi oder Mensur nicht soviel Glück? Egal, nächstes Jahr probieren wir
es wieder…

Als die Lakeside-WM beginnt schaue ich mir selbstverständlich das Spiel von
Mark Webster
an. Keiner kann sagen, ob Rosi Mark Webster eher geschlagen hätte, als Mervyn King.
Keiner. Mark Webster wird verdient Weltmeister der BDO/WDF. Nachdem ich viele Spiele
beider Weltmeisterschaften gesehen habe muss ich feststellen, dass wir die richtige
Entscheidung getroffen haben. Wer professionell Dart spielen möchte muss zur
PDC, da führt kein Weg vorbei. Die Übertragungen der BDO kann man mit
der Professionalität von SKY Sport nicht vergleichen. Hier treffen Welten aufeinander!

Ich freue mich auf die neue GDC-Saison und die Möglichkeit, dass Dart-Deutschland
wieder einen Vertreter nach England schicken darf. Michael Rosenauer
und Mensur Suljovic
haben deutlich gezeigt, dass nicht nur Holländer und Briten Dart spielen können.
Deutschland hat ein unglaubliches Potential und ich würde mir wünschen,
wenn es einem Spieler gelingt sich in England zu etablieren. Die PDC wird der GDC
mehrere Wildcards für große TV-Turniere zu Verfügung stellen. Für
jeden ambitionierten Spieler sollte es Motivation genug sein, die kommenden GDC-Turniere
zu besuchen. Es geht in Deutschland jetzt erst richtig los! Dart wird in den nächsten
Jahren vielleicht nicht den Stellenwert der Fußball Bundesliga einnehmen,
aber vielleicht Ski-Springen, Springreiten, Turnen und Tischtennis in der Zuschauergunst
überholen. Es geht los!

Heute schon trainiert? Auf geht´s!

„Game On…“

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