
Seit 2014 ist Rowby-John Rodriguez bei der PDC und nach einem längeren Abwärtstrend läuft es in diesem Jahr wieder besser. Das zeigte „Little John“ nicht zuletzt durch sein Viertelfinale bei der Austrian Darts Championship. Im Interview mit dartn.de spricht der 25-jährige über diesen Erfolg, erzählt aber auch offen über die Zeit, in der es nicht lief. Rodriguez gewärt außerdem Einblick in sein neues Leben als Vater und nennt Ziele für den Rest des Jahres.
Dartn.de: Hast du deinen Erfolg vom vergangenen
Wochenende schon verarbeitet und wie ordnest du ihn ein?
Rodriguez: Die Verarbeitung war denke ich schon am
Montag abgeschlossen. Direkt nach dem Spiel war ich schon
enttäuscht, dass ich verloren habe. Wenn dich eine Niederlage nicht
ärgert, brauchst du nicht spielen. Als ich am Sonntagabend dann
aber wieder zu Hause war und meine kleine Tochter im Arm gehalten
habe, war wieder alles gut. Inzwischen bin ich mit dem Ergebnis
sehr zufrieden. Wenn man mir vor dem Turnier gesagt hätte, dass ich
das Viertelfinale erreiche, dann hätte ich das ohne zu zögern
genommen. Es ist ja das erste Mal seit vier Jahren, dass mir das
auf der European Tour gelungen ist.
Dartn.de: Wo du es gerade ansprichst: 2015 war
vom Preisgeld her dein stärkstes Jahr bei der PDC. 2016 war
ebenfalls gut, aber was ist danach passiert? 2017 lief es gar nicht
gut und 2019 musstest du in der Weltrangliste wieder von
null anfangen.
Rodriguez: Ich habe mir zu viel Stress gemacht,
denn ich hatte zu dem Zeitpunkt das Dartlokal von Mensur
Suljovic übernommen und das war alles zu viel und hat nicht
funktioniert. Privat sind auch einige Dinge schief gelaufen, die
Ergebnisse wurden schlechter und dann hat einfach im Kopf nicht
mehr viel zusammengepasst. Jeder weiß, wie wichtig das mentale im
Dartsport ist. Ich hatte keine Lust mehr zu trainieren, das kam
dann noch hinzu.
Dartn.de: Wie bist du da wieder
herausgekommen?
Rodriguez: Ich habe mir im ersten halben Jahr von
2018 gesagt: Wenn du das Dartspielen jetzt nicht wieder ernst
nimmst, dann kannst du es als Profi sein lassen und betreibst es
nur noch als Hobby. Dann habe ich mir nach und nach wieder
professionellere Strukturen geschaffen, mehr trainiert, die
Ernährung und weitere Dinge umgestellt. Anfang 2019 kam dann noch
der Wechsel zu einem anderen Management und als ich dann noch
erfahren habe, dass ich Vater werde, war das ein weiterer Schub für
mich, meinen Job professionell zu machen. Es ist alles noch nicht
perfekt, Luft nach oben ist immer da, aber ich arbeite daran.
Inzwischen bin ich auch im Kopf wieder voll da und glaube an mich.
In der Vergangenheit habe ich viele Spiele 6:5 verloren, da war ich
manchmal 4:1 vorne und habe nicht daran geglaubt, das Spiel zu
gewinnen. Das ist jetzt zum Beispiel ganz anders.
Dartn.de: Inzwischen ist deine Tochter zur Welt
gekommen. Ist das auch ein positiver Faktor und wie ist die erste
Zeit als Vater?
Rodriguez: Es ist auf jeden Fall positiv, ich bin
ein sehr stolzer Vater und genieße das alles sehr. Die ersten zwei
Monate waren allerdings nicht einfach. Meine Freundin und ich sind
Ende Juni noch einmal gemeinsam nach Prag gereist, weil wir
wussten, dass es das letzte Mal wird, dass wir zu zweit ein solches
Event besuchen. Am Freitag habe ich dann gegen Andrew
Gilding verloren und am Samstag, als wir wieder nach Hause
fahren wollten, kam plötzlich meine Tochter einen Monat zu früh zur
Welt. Wir sind dann noch bis Dienstag in Prag geblieben und auch
danach gab es bei der Kleinen einige Komplikationen. So konnte ich
mein Trainingspensum natürlich nicht wie geplant abspulen. Ich habe
mir sogar ein Dartboard ins Krankenhaus gestellt, auf das ich
zwischendurch mal geworfen habe. Das ist aber natürlich kein
wirklich effektives Training. Seit dem Montag vor der Austrian
Championship sind wir als Familie endlich alle gemeinsam zu Hause
und jetzt passt auch alles zu 100 Prozent. Ein großer Dank gilt
meiner Freundin, denn sie hält mir den Rücken frei, so dass ich
jetzt auch wieder mehr und intensiver trainieren kann.
Dartn.de: Durch dein Viertelfinale vom
Wochenende stehst du jetzt auch dicht vor einer WM-Qualifikation über die Pro Tour. Ein Bisschen etwas
solltest du dafür noch einspielen. Wie gehst du damit um, würdest
du das am liebsten bereits bei den Players Championships nächste
Woche erledigen?
Rodriguez: Ich schaue nicht so sehr auf die
Ranglisten. Eigentlich hatte ich geplant, den
Südosteuropa-Qualifier für die Weltmeisterschaft im November zu
spielen, aber inzwischen haben mir einige Leute gesagt, dass ich
das wahrscheinlich nicht muss und das freut mich natürlich sehr.
Ich schaue jetzt von Woche zu Woche, von Turnier zu Turnier und
gebe mein bestes. Die WM ist aber natürlich das große Ziel.
Dartn.de: Da wir eben die Players Championships
angesprochen haben: Wie gerne spielst du diese Turniere, die doch
ganz anders sind, als die Majors oder die European Tour?
Rodriguez: Ich habe mich inzwischen an die Players
Championships gewöhnt, auch wenn ich lieber auf der Bühne spiele.
Ich gehe jetzt auch anders an ein solches Wochenende auf der Pro
Tour heran. Früher habe ich an einem solchen Tag morgens nicht
gefrühstückt und wenn ich dann ein paar Runden überstanden habe,
waren die Kräfte weg. Jetzt stehe ich eine Stunde früher auf,
frühstücke ordentlich und spiele mich dann auch in der Halle
konzentriert und gewissenhaft ein. Den Effekt merke ich selbst auch
immer mehr.
Dartn.de: Was sind deine Ziele für den Rest des
Jahres, abgesehen von der WM?
Rodriguez: Ich wusste am Sonntag vor meinem
Viertelfinale in Wien, dass ich mit einem Sieg einen großen Schritt
zur European Championship mache. Vielleicht hat
mich das gehemmt. Die Europameisterschaft bleibt aber ein Ziel, da
möchte ich mich demnächst noch für Gibraltar
qualifizieren und dort wieder gut abliefern. Außerdem möchte ich
auch zu den Players Championship
Finals. Da habe ich mir Anfang des Jahres ausgerechnet, dass es
reicht, bei jedem dieser Turniere 500 Pfund einzuspielen. Ich
denke, ich bin da auch auf einem ganz guten Weg. Insgesamt möchte
ich dieses Jahr noch so oft wie möglich auf der Bühne stehen.
Dartn.de: Lass uns zum Schluss noch auf deinen
jüngeren Bruder Rusty-Jake Rodriguez
schauen. Er gilt als großes Talent, wie siehst du seine bisherige
Entwicklung?
Rodriguez: Dass er talentiert ist und ein großer
werden kann, haben schon mehrere Spieler öffentlich betont,
darunter ich und Mensur Suljovic. Rusty tut momentan aber zu
wenig, um wirklich voran zu kommen. Er hat seine Lehre aufgegeben,
um Profi zu werden, obwohl er noch keine Tourkarte hat. Er
trainiert zu wenig, er hat nicht die richtige mentale Einstellung
und müsste in allen Lebenslagen professioneller werden. Es gibt
Leute, die ihn auf seinem aktuellen Weg unterstützen, ich gehöre
nicht dazu und habe ihm auch gesagt, was ich davon halte. In Wien
gewinnt er sein erstes Spiel, verliert danach klar gegen Ian White
und ist extrem enttäuscht. Die Qualifikation für Mannheim spielt er nicht, weil er sagt, er hätte zu
wenig Selbstvertrauen. Wenn einem das Überstehen der ersten Runde
bei seinem Heimturnier kein Selbstvertrauen gibt, was soll einem
dann welches geben? Genug Leute haben ihm Hilfe angeboten, aber
aktuell möchte er seinen eigenen Weg gehen und das ist auch in
Ordnung für mich.
Weitere Informationen:
Alle Infos zu Rowby-John Rodriguez gibt es in seinem [Spielerprofil]
Foto-Credit: PDC Europe
[kb]

