Der „Darts-Split“ – Die Trennung zwischen PDC und BDO
Sicherlich stellt sich jeder Dartfan und jeder Spieler, der sich
ein klein wenig intensiver mit dem professionellen Dartsport
auseinandersetzt, irgendwann einmal die Frage: „Warum
gibt es mit der PDC und der BDO eigentlich zwei Profi-Dartverbände? – Wie ist es
dazu gekommen und was hat die WDF mit der ganzen Geschichte zu tun?“ – Nun, in
diesem folgenden Artikel möchten wir einmal versuchen, den
sogenannten „Darts Split“ möglichst objektiv und für jeden
verständlich zu erklären und dadurch ein wenig Licht ins Dunkel zu
bringen.
Als den „Darts-Split“ bezeichnet man allgemein den heftigen Streit zwischen den Top-Profi-Dartspielern und dem leitenden Dart Verband BDO, der im Jahre 1992 anfing und letztendlich in der Gründung eines neuen Verbands enden sollte, der seine eigenen Turniere sowie seine eigene professionelle Dart-Weltmeisterschaft veranstaltet. Die Auswirkungen dieser Auseinandersetzung sind bis heute zu spüren, da die professionellen Dartspieler immer noch in zwei Lager gespalten und in zwei verschiedenen Verbänden organisiert sind.
Vor dem „Split“ war es die BDO‘
welche sich als einziger Dartverband um alle englischen Dartspieler
von der Basis bis zu den Profis gekümmert hat. 1962 war Dart zum
ersten Mal im Süd-Westen von England im Fernsehen zu sehen, als
Westward Television ein Westward TV Einladungsturnier übertrug. Ab
1970 wurde dann die News of the World Championship von ITV übertragen,
später wurden dann zur besten Sendezeit am Samstagabend im Rahmen
der „World of Sports“ Sendung u.a. das World Masters, das
British Matchplay, das World Matchplay sowie der World Cup ausgestrahlt.
Und mit der ersten professionellen Darts World Championship 1978 stieg dann auch die
BBC mit bei den TV-Übertragungen ein. Später übertrug die BBC u.a.
auch die Bullseye Darts Championship, den British Gold Cup sowie
die British Professional Championship. Die massive Medienpräsenz
und die stark ansteigenden Preisgelder ermöglichten es einigen
Spielern, den Dartsport von nun an professionell zu betreiben, da
sie von den Einnahmen alleine ihren Lebensunterhalt finanzieren
konnten. Eine sehr gute
Dokumentation über diese Zeit und
die jungen Jahre des Eric Bristow findet ihr auf unserer Webseite:
„Arrows – Eine
Dokumentation über Eric Bristow aus dem Jahre 1979„
Bei diesen TV-Übertragungen war es den
Dartspielern gestattet, auf der Bühne zu rauchen und Alkohol zu
sich zu nehmen, wie es in den englischen Pubs auch üblich war. Im
Jahre 1980, als sich der Dartsport gerade auf einem absoluten
Höhepunkt befand und Spieler wie Eric Bristow, Jocky
Wilson und Bobby George wahre Superstars waren, welche die ganze
englische Nation kannte, wurden die Spieler durch den berühmten Not
the Nine O’Clock News Sketch lächerlich gemacht. Zwar verursachte
der Spot alleine nicht ein sofortiges Ende der Popularität des
Dartsports, jedoch war er für ein Negativ-Image verantwortlich,
welches sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt hatte und dem
Sport ernsthaften Schaden zugefügt hat. Dieses Image sorge dafür,
dass sich ein Sponsor nach dem anderen aus dem professionellen
Dartsport zurückzog und nach und nach die meisten TV-Übertragungen
eingestellt wurden.
1983 endete die Übertragung des British Gold Cup (BBC), des Butlins Grand Masters (ATV) und des British Matchplay (ITV). Und 1985 strich ITV auch noch die „World of Sports Show“ mit ihren regelmäßigen Dartbeiträgen. Bis 1988 war ITV komplett aus dem Dartsport ausgestiegen und die BBC strich auch noch die British Professional Championship aus ihrem Programm. Damit war die Weltmeisterschaft das einzige Dart-Turnier, welches noch im britischen Fernsehen übertragen wurde. Bei der WM 1989 verbot die BDO zwar zum ersten Mal den Genuss von Alkohol während der im TV übertragenen Bühnenspiele, aber der Dartsport behielt auch weiterhin sein schlechtes Image für die Sponsoren.
Viele der Spieler, welche inzwischen ihren Lebensunterhalt als
professionelle Dartspieler bestritten, hatten nun das Problem, dass
es fast kein Preisgeld mehr zu verdienen gab und
dass sie nicht mehr den
Bekanntheitsgrad besaßen, der ihnen regelmäßige Einnahmen durch
Exhibitions sicherte. Die Top-Spieler waren der Meinung, dass
seitens der BDO viel zu wenig unternommen wurde, um neue Sponsoren
für ihren Sport zu gewinnen und dafür zu sorgen, dass mehr als nur
ein Turnier pro Jahr übertragen wurde. Jedoch reagierte die BDO und
vor allem ihr Vorsitzender Olly Croft nicht auf die Forderungen und
somit gründeten im Jahre 1992 16 Top Dartprofis, unter denen sich
auch alle noch aktiven BDO-Weltmeister befanden, ihren eigenen Dart
Verband, den sie „World Darts Council“ (WDC) nannten. Die Spieler
waren Phil Taylor, Dennis Priestley, Rod
Harrington, Alan Warriner,
Peter
Evison, Richie Gardner, Jocky Wilson, Eric
Bristow, Keith Deller, John Lowe, Bob Anderson, Cliff
Lazarenko, Kevin Spiolek, Jamie Harvey, Mike Gregory und Chris
Johns. Sie wollten mit Hilfe eines PR-Beraters das Image ihres
Sports wieder verbessern und veranstalteten noch in diesem Jahr ihr
erstes TV-Turnier, die Lada UK Masters, welche auf Anglia
Television übertragen wurden.
Die Embassy World
Championship 1993 war die letzte Weltmeisterschaft, bei
der noch alle Spieler an einer Weltmeisterschaft teilgenommen
haben. Die WDC-Spieler trugen alle einen Aufnäher ihres neuen
Verbandes auf ihren Hemden, sie wurden aber von der BDO bzw. durch
Olly Croft persönlich dazu aufgefordert, diese zu entfernen.
Daraufhin beschlossen die Spieler der WDC, dass sie in Zukunft an
keinen BDO-Turnieren mehr teilnehmen würden, wenn die
BDO sie nicht anerkennen würde. Aber die BDO untersagte es ihnen,
ihre eigenen Turnier zu veranstalten und so entschieden die
Spieler, ihren eigenen Weg ohne die BDO zu gehen.
Der Pay-TV-Sender Sky Sports, der sich gerade die Übertragungsrechte an der neu gegründeten Fussball-Premier League gesichert hatte, schloss mit der WDC einen Exklusivvertrag über die Übertragung von drei WDC-Turnieren pro Jahr ab. Nachdem Mike Gregory auch die zweite Ausgabe des Lada UK Masters gewonnen hatte, beschlossen er und Chris Johns doch wieder zur BDO zurückzukehren. Aber die restlichen 14 Spieler blieben standhaft und veranstalteten 1994 ihre erste eigene Weltmeisterschaft, welche von Dennis Priestley gewonnen wurde. Die BDO veranstaltete ihrerseits weiterhin die Embassy Weltmeisterschaft mit einem zu dem Zeitpunkt noch weitgehend unbekannten Teilnehmerfeld.
Anschließend verbannte die BDO die „Rebellen“ von allen County-Dartspielen und drohte sogar damit, alle Spieler zu sperren, welche nur an einer Exhibition mit einem der WDC Spielern teilgenommen haben. Als die WDC-Spieler auch noch von der WDF, welche völlig von der BDO abhängig war, für alle WDF-Turniere gesperrt wurden, zogen die WDC-Spieler und die BDO vor Gericht. Der anschließende Rechtsstreit dauerte drei Jahre lang und verschlang auf beiden Seiten eine Unmenge an Geld.
Am 30. Juni 1997 konnten sich beide Seiten endlich einigen. Es
wurde eine sogenannte „Tomlin Order“ beschlossen, es kam also zu
einer außergerichtlichen Einigung. Die BDO
erkannte die WDC an und
erklärte sich damit einverstanden, dass die Spieler die freie Wahl
hätten, an welchen offenen Turnieren sie teilnehmen wollten. Die
WDC änderte ihren Namen in Professional Darts Corporation (PDC) und gab ihren
Anspruch auf, der einzige Welt-Dachverband zu sein. Die PDC
erkannte ihrerseites die WDF als weltweiten Dachverband und die BDO
als Britischen Dartverband an.
Im Zuge dieser Vereinbarung gab und gibt es bis heute einige Unstimmigkeiten, welche die ganze Sache weiterhin kompliziert gestalten. So nutzten am Anfang einige BDO-Spieler die Möglichkeit, an PDC Events wie dem World Matchplay teilzunehmen. Später beschränkte die PDC die Teilnahme an den meisten ihrer Turnieren auf PDPA-Mitglieder. Die PDPA kümmert sich um die Belange der PDC-Spieler. Um an einem WDF/ BDO-Turnier teilzunehmen, musste man den Vorgaben der „Tomlin Order“ von 1997 zustimmen und in der Lage sein, an den BDO World Masters sowie der World Championship teilzunehmen, wodurch PDPA-Mitglieder faktisch ausgeschlossen sind. In der Praxis bedeutete dies, dass sich die Spieler, trotz der Vereinbarung überall spielen zu können, für eine der beiden Verbände entscheiden (müssen) und in der Regel nur an Turnieren ihres jeweiligen Verbandes teilnehmen. Jedoch gab es immer wieder nennenswerte Ausnahmen. So war es bei einigen PDPA Players Championships, Pro Tour– und Open Events einheimischen Spielern gestattet an den PDC-Turnieren teilzunehmen. Dies hatte u.a. dazu geführt, dass Michael van Gerwen als damaliger BDO-Spieler 2006 das PDC Open Holland gewinnen konnte.
Auch die großen niederländischen TV-Turniere bildeten eine Zeit
lang eine Ausnahme. Ursprünglich wurden diese Turniere nach den
WDF/BDO-Regeln veranstaltet, aber nachdem Raymond van Barneveld zur PDC gewechselt war, wuchs
das Interesse der Organisatoren an den PDC-Spielern. In
Folge dessen nahmen in den kommenden Jahren sowohl PDC- als auch
BDO-Spieler an diesen Turnieren wie dem Masters of Darts, der
World Darts Trophy und der International Darts League teil. Jedoch wurden
diese Turniere nach einem Verbot seitens der PDC für ihre Spieler
an diesen Turnieren teilzunehmen nicht mehr
veranstaltet.
Auf jeden Fall kann man aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre durchaus sagen, dass es die PDC mit Hilfe der TV-Übertragungen auf Sky Sports geschafft hat, dem Dartsport wieder ein anderes Image zu geben. Dies macht sich u.a. in den steigenden Zuschauerzahlen bei den großen Turnieren bemerkbar. So konnte im Jahr 2008 in der Premier League Darts ein PDC-Rekord von über 7.000 Zuschauern an einem Spieltag verzeichnet werden. Aber auch die BDO schien wieder von diesem steigenden Zuschauerinteresse am Dartsport zu profitieren. So konnte man kurzfristig mit Setana Sport einen TV-Sender finden, der seit dem Jahr 2008 die BDO International Grand Prix Serie und damit fünf weitere BDO Turniere live übertrug.
Im Jahr 2010 machte der PDC Chairman Barry Hearn der BDO ein Übernahme-Angebot für die Summe von einer Million britischen Pfund. Dieses Angebot schlug Olly Croft aber aus und dementsprechend blieb alles beim Alten. Erst als Des Jacklin neuer Chairman der BDO wurde (2017), kam neue Bewegung in das Verhältnis zwischen PDC und BDO. Jacklin ließ nun auch PDC-Tourcardhalter an den Turnieren teilnehmen, er kippte damit die Tomlin Order. Anschließend waren die Restriktionen der PDC größer, schließlich dürfen PDC-Tourcardler in keinem Stream außerhalb der PDC gezeigt werden. Dementsprechend blieb PDC-Tourcardlern die Teilnahme an den wirklich relevanten BDO-Turnieren verwehrt, da nahezu alle Events im Stream liefen. Auch in den letzten Jahren wanderten viele BDO-Spieler aufgrund der deutlich größeren Möglichkeiten zur PDC. Die PDC war qualitativ und professionell gesehen der BDO um Welten voraus. Hinzu kamen dann finanzielle Probleme bei der BDO‘ die dann auch im Jahre 2021 endgültig zur Insolvenz führten. Einen Vergleichswettkampf zwischen den beiden Verbänden gab es seit 2007 mit dem Grand Slam of Darts. Mittlerweile hat die WDF die federführende Rolle im Amateurdartsport übernommen und pflegt ein gutes Verhältnis zur PDC.
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Weitere Quellen zum Thema:
- Split in Darts – Artikel im englischen Wikipedia
- Tipp: „Blood on the Carpet“ – BBC Dokumentation zum Darts Split
- PDPA zum Darts-Split
- The Power of Darts – Dokumentation von ITV4
