Barney-Comeback: Die Vorfreude und die Zweifel

Mittwoch, 23. September 2020 20:41 - Dart News von dartn.de

Comeback - Raymond van Barneveld

Raymond van Barneveld möchte es noch einmal bei der PDC versuchen. So wurde heute bekannt, dass der 53-jährige im Januar eine Teilnahme an der Q-School 2021 plant, um sich seine Tourkarte zurückzuholen. Diese hatte er Ende 2019 zurückgegeben und damit seine aktive Karriere vorerst beendet. Dartn.de Redakteur Kevin Barth ist hin und her gerissen zwischen Begeisterung und dem unguten Gefühl, dass sich "Barney" damit keinen Gefallen tut.

Die Fakten zum Comeback

Van Barneveld hat einen Vertrag über drei Jahre bei seinem ehemaligen Manager Ben de Kok unterzeichnet. Dieser betreut auch Jeffrey de Zwaan, für den Barney lange Zeit als Mentor agiert hat. Die Gründe für das Comeback sind für den fünffachen Weltmeister schnell erklärt: Er vermisst das Leben als Dartspieler. "Ich denke es war die richtige Entscheidung, aufzuhören. Inzwischen hatte ich allerdings viel Zeit, darüber nachzudenken und bin zu dem Schluss gekommen, dass mir einiges fehlt", erklärte er gegenüber RTL News. "Ich war in den letzten zwei bis drei Jahren nicht ich selbst und da trifft man nicht immer die richtigen Entscheidungen. Im Kopf spukt es und man ist für die Mitmenschen um einen herum ein Albtraum. Das hat sich jetzt aber geändert und ich freue mich auf das, was kommt."

Kommentar zum Thema

Ich kann mich noch gut an die Schockstarre erinnern, die am späten Abend des 14. Dezember 2019 auch über die Journalisten im Ally Pally hereingebrochen war. Raymond van Barneveld hatte überraschend sein WM-Auftaktspiel gegen Darin Young verloren. Alle Hoffnungen auf einen prunkvollen Abschied einer Legende waren vom Tisch. Dementsprechend still war es im Presseraum. Seine anschließenden Interviews, in denen er unter anderem betonte, dass er sich das niemals verzeihen wird, verursachten zusätzliche Bauchschmerzen. So wie sich der Mann aus Den Haag durch seine letzte Saison geschleppt hatte, habe ich ihm aber auch gewünscht, dass er jetzt endlich zur Ruhe kommen kann und nicht mehr im Scheinwerferlicht funktionieren muss. Exhibitions auf denen er sich feiern lassen kann sind auch anstrengend, aber nicht vergleichbar mit dem Stress bei Wettkämpfen.

Mit etwas Abstand wurde mir aber auch das Dilemma klar, in dem van Barneveld nun steckt. Er sieht sich selbst als unvollendet, ist der Meinung, dass er mehr Titel bei der PDC gewinnen hätte müssen und das nagt an ihm. Auf der anderen Seite war er nie der mental stabilste, gilt als leicht beeinflussbar und seine Diabetes-Erkrankung hat ihm regelmäßig zu schaffen gemacht. Ein Comeback würde bedeuten, dass er von ganz unten anfangen muss. Jedes Turnier mitnehmen, wieder ständig unterwegs sein und dem immer höheren Niveau auf der Tour gerecht werden. Dazu war er schon weit vor seinem Karriereende nicht mehr bereit. Nicht nur einmal gab es von seiner Seite Beschwerden, warum einer wie er noch jedes Qualifikationsturnier spielen muss. Und jetzt will er sich das alles noch einmal antun? Ist er sich wirklich darüber bewusst, was ein Comeback bedeutet?

Man kann das Ganze aber auch anders herum betrachten. Van Barneveld hatte es in den letzten Jahren wirklich nicht leicht. Der Einbruch in seinem Haus und natürlich die Trennung von seiner langjährigen Ehefrau, die in seinem Leben ein wichtiger Anker war. 2010 war er schon einmal von Erpressern bedroht worden. Das alles hat ihm spürbar zu schaffen gemacht. Wenn er 2021 das alles abschütteln kann und dann sein Potential wieder voll ausschöpft, dann ist nicht nur die Tourcard drin. Dann könnte Barney auch wieder Titel gewinnen. Raymond van Barneveld in Bestform, das ist das Beste, was der PDC passieren kann. Denken wir nur an Generationen-Duelle gegen de Zwaan oder Michael van Gerwen. Der Sport hätte eines seiner prägenden Gesichter wieder zurück und ich bekomme ein wenig Gänsehaut.

Aber wie realistisch sind diese Gedanken vom Zauber-Comeback des ehemaligen Postboten? An seiner grundsätzlichen Einstellung muss sich einiges ändern. Schon gefühlt seit zehn Jahren lag sein Fokus in einer Saison vor allem auf der Weltmeisterschaft und der Premier League. Bei den meisten anderen Turnieren musste schon viel zusammen kommen, um bei van Barneveld wirklich das Feuer zu empfachen. Sein Körper wird nicht jünger und seine Diabetes, die ja bei ihm auf die Augen geht, wird ihn auch weiter begleiten. Kann das wirklich gut gehen, oder zerkratzt er sich dadurch seinen Legenden-Status? Bei Phil Taylor sind sich viele sicher, dass er einen guten Zeitpunkt zum Aufhören gefunden hat. Bei van Barneveld, der sich unvollendet fühlt sagen auch manche, dass er schon früher hätte aufhören sollen. Ich bin mir sehr unsicher und schwanke zwischen Euphorie und den Bauchschmerzen, die ich schon nach seinem letzten WM-Interview hatte. Ich wünsche Barney von Herzen ein großartiges Comeback, habe aber auch ein wenig Angst, dass das alles für ihn schrecklich schief geht.

Weitere Informationen:

Alle Infos zu Raymond van Barneveld gibt es in seinem [Spielerprofil]

Foto-Credit: PDC Europe

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Quelle: PDC - www.pdc.tv

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